Bindungstrauma – Das Gefängnis des Misstrauens verlassen

Ein Bindungstrauma ist die Erfahrung, dass die lebensnotwendige Bindung an die Mutter nicht gelungen ist. Das ist ein Satz, der harmloser klingt, als er ist. Wenn keine Bindung zur Mutter entsteht, ist das Kind in größter Not. Es ist lebensbedrohlich gefährdet und reagiert mit einem hochaktivierten Nervensystem, mit höchster Erregung, die zu lebensbedrohlichen körperlichen und seelischen Zuständen führen kann.

Welche Gründe kann es geben, dass die Bindung zwischen Mutter und Kind nicht gelingt?

  1. Wenn das Kind nicht gewollt ist. Damit meine ich nicht die Ambivalenz, die eine Frau häufig erlebt, wenn sie merkt, dass sie schwanger ist. Ambivalenzen am Anfang einer Schwangerschaft sind normal. Schließlich ändert sich durch die Geburt eines Kindes womöglich das ganze Leben. Die Mutter muss, auch wenn sie sich mit ihren Ambivalenzen noch nicht im Klaren ist, früh eine Entscheidung gegen das Kind und für einen Schwangerschaftsabbruch oder für das Kind treffen. Dies kann eine außerordentlich schwierige Zeit für die Mutter und für das Kind sein. (Sechs Mal mehr Kinder werden geboren als abgetrieben)
  2. Wenn die Mutter trotz der Entscheidung für das Kind, mit dem Kind nichts zu tun haben möchte, d.h. sich vom Kind abwendet, sich gegenüber dem Kind verschließt oder das Kind bekämpft und Hass gegen das Kind empfindet, kann eine Bindung nicht gelingen.
  3. Wenn die Mutter in der Schwangerschaft und nach der Geburt, und wenn die engsten Bezugspersonen (z.B. Mutter und Vater) während der Kindheit emotionalen Abstand zum Kind halten und das Kind mehr als Belastung denn als Grund zur Freude sehen, es lieblos behandeln oder es benutzen und manipulieren, ohne zu beachten, wer das Kind ist und was es braucht.

Für das Kind sind die o.g. Situationen, in denen die Mutter und/oder andere wichtige Bezugspersonen keine Bindung zum Kind herstellen können oder wollen, eine absolute Katastrophe. Es ist auf die Fürsorge der Bezugspersonen angewiesen und hat nur wenig Möglichkeiten, sich in seiner Not zu zeigen, um Hilfe zu rufen und Beachtung einzufordern. Wenn sein Hilferuf, d.h. sein Weinen, ignoriert oder aggressiv zurückgewiesen wird, steigert sich seine Not so sehr, wächst die Erregung seines Nervensystems so sehr an, dass daraus körperlich und seelisch lebensbedrohliche Zustände entstehen können:  

  • „Wenn das Baby weint und niemand reagiert, es also keinen Körperkontakt bekommt, um seinen Stress zu ko-regulieren, beginnt das kleine Herz schneller zu schlagen. Bei leichtem Weinen erhöht sich die Frequenz von durchschnittlich 122 auf 170 Schläge pro Minute (bpm), bei mittlerem Schreien auf 185 bpm, bei starkem Weinen auf 200 bpm. Bei langem Schreien geraten Säuglinge in einen Zustand, den Mediziner „Tachykardie“ nennen, das bedeutet: „Herzrasen“.
  • Der Cortisolspiegel steigt an. Das bedeutet, dass im Körper alles, was viel Energie verbraucht, unter anderem das Verdauungssystem, das Immunsystem und das Bindungssystem gedrosselt werden.
  • Der Cortisolspiegel bleibt hoch, d.h. das Kind bleibt in diesem Stressmodus, auch wenn es äußerlich ruhig wirkt. Es hat gelernt, dass keine Hilfe kommt, wenn es danach ruft und versucht sich allein zu beruhigen, das aber mit anhaltend hohem Stress.“
  • negativer Stress, „Distress, hat ungünstige Auswirkungen auf die Kreativität, Interesse und Antrieb, auf Denken, Fühlen, Erinnern und Lernen,
    auf das Selbst- und Körpererleben und auf das Immunsystem.“ (Quelle: https://gute-erste-kinderjahre.de/stresshormon-cortisol/)

Eine der bedeutsamsten Auswirkungen ist die unsichere, ambivalente oder vermeidende Bindung zwischen Mutter und Kind. Das Kind vertraut sich der Mutter nicht mehr an und ist dennoch dazu gezwungen sich an die Mutter, später an den Vater zu wenden. Es bleibt in einer ängstlichen Haltung den Bezugspersonen gegenüber und versucht seine Bedürfnisse allein zu befriedigen. Oft zieht es sich sehr weit in sich selbst zurück, dissoziiert und funktioniert im Außen, so gut es kann. 

Es kennt die Erfahrung des sicher Gebunden- und Entspanntseins nicht. Es richtet sich im Isoliertsein ein, verfängt sich in Traumwelten, erstarrt oder kämpft gegen die Großen an, bei gleichzeitiger permanenter extremer Überforderung.

Wie kommt man aus diesem Gefängnis des Isoliertseins, Misstrauens anderen Menschen gegenüber und des Belastetseins wieder heraus? Wie kann man die Mauern dieses Gefängnisses auflösen? 

  • Durch wachsende Selbstliebe, liebevolle Selbstbeachtung und die wachsende Fähigkeit zu Selbstbejahung!

Die wichtigste Lernaufgabe auf dem Weg der Traumaheilung durch Selbstbejahung ist das Erlernen liebevoller Selbstbeachtung. Sie ist eine Methode, durch die Liebe an die Stellen im physischen und psychischen Organismus kommt, wo bislang Mangel und Lieblosigkeit waren. Liebevolle Selbstbeachtung geht immer, auch schon, wenn die anderen Menschen (noch) nicht vertrauenswürdig erscheinen, oder man noch nicht unterscheiden kann zwischen liebvollem Kontakt und egozentrischem Benutzt- und Ausgenutztwerden.

Liebevolle Selbstbeachtung führt zu wachsender Selbstliebe und sie ist die Voraussetzung dafür, sich anderen Menschen anvertrauen zu können. Indem wir in liebvoller Selbstbeachtung genau erspüren und fühlen können, ob andere es gut mit uns meinen oder nicht, sind wir sicher. Wir brauchen dafür Selbst-Empathie, Selbst-Wertschätzung und den Mut zur Ehrlichkeit sich selbst gegenüber – alles Fähigkeiten, die wir, wenn wir sie uns selbst entgegenbringen können, auch anderen entgegenbringen können.

In meinen Seminaren und in den Ausbildungen lernen Sie liebevolle Selbstbeachtung! Sie ist die entscheidende Methode, mit der wir uns selbst befreien können. Wenn Sie sich auf diesem Weg der Befreiung Unterstützung wünschen, dann kommen Sie gerne in meine Seminare oder Ausbildungen! 

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