Kennst du das: „Es ist immer entweder zu wenig oder zu viel, nie ist es so, dass man entspannt und unbeschwert sein kann.“
Dieses Erleben ist eine Traumafolge. Tatsächlich war in der traumatischen Situation ein Zuviel an Unbewältigbarem und Belastendendem und zu wenig Unterstützung und Liebe. Da Du Dich gerade einem solchen Text widmest, ist die traumatische Situation vermutlich vorüber und Du bist in diesem Augenblick sicher.
Trotzdem ist da vielleicht das Gefühl, dass es in Deinem Leben einen Mangel an Liebe, Geld, Sinn, Kompetenz u.ä. gibt und ein Zuviel an Belastung und Anforderung.
Warum ist der Eindruck da, es gäbe nicht genug für uns? Wir verhungern oder verdursten emotional (Mangel), egal wie sehr wir uns anstrengen (Zuviel) und wie können wir das beenden?
Der Mangel, den wir in der Traumasituation erlebt haben, der Mangel an Beachtung, Versorgung und Zuwendung, war damals, als wir klein waren, lebensbedrohlich. Ohne die ausreichende Versorgung durch die Erwachsenen hatten wir keine Chance zu überleben. Wenn diese Versorgung mangelhaft war und unzuverlässig, waren wir in höchster Not und mussten um unser Leben bangen (das war so, auch wenn die Erwachsenen das möglicherweise gar nicht bemerkt haben). Wir haben überlebt. Die Angst davor, dass die heute vorhandene, ausreichende Versorgung mit Geld, Nahrung, Obdach, Beziehungen, Bildung, Erholung usw. wieder ausbleiben könnte, kann allerdings immer dann getriggert werden, wenn ein Mangel in unserem Leben erscheint. Das treibt uns dann dazu an, uns anzustrengen, um den befürchteten Untergang zu verhindern.
Natürlich gibt es Lebenssituationen, in denen wir realen Mangel erleben (zu wenig Geld, zu wenig Beziehungen usw.), aber wir würden daran keinesfalls sterben. Auch wenn wir das wissen, kann es sein, dass unser Nervensystem auf Mangelsituationen mit Existenzangst und Aufruhr reagiert.
Um aus dieser Wiederholungsschleife von Mangel, und angstgetriebener Anstrengung auszusteigen, gibt es ein einfaches Rezept. Es ist einfach, aber nicht leicht umzusetzen:
- Beachte die jetzt real vorhandene Fülle!
- Vermeide es, dich mit anderen zu vergleichen!
- Versorge mit der bejahenden Neuen Inneren Kind Arbeit die Kleine oder den Kleinen in Dir, der oder die sich vom Mangel bedroht fühlt!
Dieser letzte Punkt in der Liste ist der Wichtigste! Es genügt nicht, das aktuelle, mangelorientierte Denken zu verändern, sich zu disziplinieren, die Fülle zu beachten und sich nicht zu vergleichen. Das ist auf der Oberfläche gut und wichtig. Entscheidend ist aber, dass das verletzte, verängstigte innere Kind in seiner Not endlich von einem liebenden inneren Erwachsenen erhört und versorgt wird!
Die frühen Verletzungen, die wir „das innere Kind“ nennen können, die noch unversorgt in uns sind, müssen ernst genommen, gehört und die unerfüllten Bedürfnisse müssen versorgt werden. Erst, wenn das gelingt, wird dieser Schrecken des Alleingelassenseins und Unversorgtseins langsam heilen. Und in gleichem Maße wird die immer wieder aufflackernde Existenzangst zur Ruhe kommen.
Erst dann, wenn sich in diesem Heilungsprozess das alte, frühere Erleben vom aktuellen, heutigen, realen Erleben trennt, wenn erfahren wird, was zu „früher“ gehört und wie es heute ist, können Lösungen für Mangelsituationen, die heute möglicherweise vorhanden sind, gefunden werden.
Es gibt für Probleme, die im Leben entstehen, immer eine Lösung. Die Lösungen sind manchmal schmerzhaft und erfordern ein radikales Umdenken oder ein sich Umorganisieren. Aber es gibt Lösungen. Wir werden sie aber erst finden, wenn wir das aktuelle Problem genau und der Wirklichkeit entsprechend abbilden können und sich unsere Wirklichkeitswahrnehmung nicht mit früheren Ängsten verknüpft.
Ein Tipp: Solltest Du Dich in einer Mangeltrance wiederfinden, Dich anstrengen und kämpfen, um nicht unterzugehen, kannst Du Dir die Frage stellen: „Wie alt fühle ich mich gerade in meiner Angst?“ Wenn die Antwort lautet, dass Du Dich „klein“ fühlst, kannst Du beachten, was Du als Kleine oder Kleiner jetzt brauchst, um Dich wieder sicher zu fühlen. Das wird helfen!